Monografie?
Autobiografie?
Biografie?

Auf dem Rücken dieses Buches steht „Monografie“. Und das, was damit versprochen ist, wird gehalten. Die Arbeiten von Gert Weber von 1967 bis heute sind hier zum ersten Mal nahezu vollständig dokumentiert. Soweit die Monografie. Liest man dann die Kommentare zu den Möbeln, den Einrichtungen und der Architektur, dann sind diese jedoch unverkennbar biografisch gefärbt.

Vom schönen schlanken Hochschrank erfahren wir zunächst einmal, dass er dem gerade geborenen Sohn Max gewidmet wurde. Ähnlich werden die anderen Arbeiten in einen biografischen Zusammenhang gestellt. Voll und ganz ins Autobiografische gerät, wer vom schwarz gedruckten monografischen Teil zu den rot gedruckten Kapiteln wechselt. Hier findet sich der Leser mitten in der Weber’schen Autobiografie. Drei ausführliche Kapitel über drei Frauen zeugen davon.

Wer das Leben gerne übersichtlich vor sich liegen sieht, wird es mit diesem Buch nicht ganz leicht haben. Obwohl Typografie und Grafik es wunderbar großzügig und klar strukturieren, fließen Leben und Werk von Gert Weber ineinander. Es ist auch nicht sinnvoll, das Autobiografische und die Arbeiten Webers voneinander zu trennen. So ist der Mann nun einmal nicht. Seine Lebens- und Schaffensphasen sind in immer neuen, zuweilen reichlich verwickelten Zusammenhängen verbunden. So streng und konsequent die Arbeiten sich selbst präsentieren, so impulsiv und unbekümmert zieht Weber seine Lebenslinien.

Ähnlich widersprüchlich verhält sich auch die handwerkliche Genauigkeit, die in allen Arbeiten zu spüren ist, zur Lebenslässigkeit und zum hedonistischen Talent ihres Schöpfers. Wahrscheinlich haben wir es hier mit der klassischen Paarung von Gegensätzlichkeiten zu tun, wie sie sich bei Kreativen gerne zeigen.

Es braucht den ordentlichen Leser also nicht zu grämen, wenn er sich nicht entscheiden kann, ob er es mit einer autobiografischen Monografie oder einer monografischen Autobiografie zu tun hat. Am Besten, er nimmt Gert Weber als einen Mann, der gern und ungewohnt offen erzählt und lernt dabei, dass Arbeiten, die durch ihre Sachlichkeit, Kühle und Souveränität überzeugen, nicht unbedingt auch einen Lebensweg voraussetzen, der sich an Geraden und rechten Winkeln orientiert.

Neben einem spannenden Lebenslauf und der Gesamtschau der Weber’schen Arbeiten bietet das Buch dem Leser deshalb noch eine sehr persönliche Ermutigung: Das zu tun, was man zu träumen gewagt hat.

Gernot Wüschner

 

Gert Weber – Life & Work

Das Œuvre von Gert Weber, das sich in den letzten vierzig Jahren erstreckt, zu umfassen, bedeutet, das gesprochene und geschriebene Wort hinter sich zu lassen und stattdessen in die Sinne einzutauchen - alle Sinne auf einmal. Seine Arbeit ist eine Einladung zum Sehen, Berühren, Fühlen und schließlich zum Erkunden des Raumes in und um uns herum.

Es ist unmöglich, von einer Karriere zu sprechen. Das wäre zu einfach für eine so komplexe Vision. Leben und Arbeit greifen immer wieder ineinander. Aber es sind seine Projekte, die die ungewöhnliche Entwicklung seines Lebens mit seinen Höhen und Tiefen, seinen Freuden und Traurigkeiten, seinen Einsichten und Offenbarungen am besten zum Ausdruck bringen. Seine Werke geben letztendlich das Gefühl, alles dort zusammenzubringen, wo das, was in seinem Kopf ist, und sein materieller Ausdruck in einem sind.

Was zuerst kommt, ist nie einfach zu wissen. Hat die Art und Weise, wie Gert Weber sein Leben führte, das Werk geprägt oder war es umgekehrt? Im Rückblick hat sein individueller Kosmos längst eine Einheit mit einigen Kernmerkmalen: Einfachheit, Proportion, Liebe zum Detail und Qualität, aber auch eine überraschende Nervosität.

Gert Weber ist ein von Neugier getriebener Architekt. Er versteht seine Mission, innerhalb archetypischer Prinzipien zu kommunizieren und einen Dialog zu schaffen. Sein gut verarbeitetes Werk strahlt eine ruhige Präsenz aus, schwingt aber mit und inspiriert. Du willst es berühren und was du siehst und fühlst, wird dann eins. Seine Ideale werden materiell in Lebens-, Arbeits- und sogar Ausstellungsräume übersetzt. Du erlebst es als Spielplatz, und mit ihm zu leben, wie ich es tue, ist die private und berufliche Verflechtung. Dein Körper in diesen Räumen fühlt sich offen und gebend an.

Er hat ein gutes Gespür für Materialien: Edelstahl, Leder, Holz, Glas, Stein. Er versucht, das Beste in ihnen herauszuholen, sei es ein Zuhause zum Wohlfühlen, eine Wohnung, ein Haus, eine Penthousewohnung oder ein Büro zum Arbeiten, auch ein mobiles.

Aleksandra Weber